Er will noch einmal ran: Otto Wulff kandidiert erneut für das Amt des Bundesvorsitzenden der Senioren-Union der CDU.

Wulff ist 88 Jahre alt und führt die rund 50.000 Mitglieder zählende christdemokratische Parteigliederung bereits seit 2002.

Die Senioren-Union wählt den neuen Bundesvorstand auf einer Bundesdelegiertenkonferenz Ende August in Magdeburg. Wir haben mit ihm gesprochen.
Prof. Dr. Otto Wulff, Bundesvorsitzender der Senioren-Union
Wird es nicht langsam Zeit, einen Jüngeren oder eine Jüngere ranzulassen?

Otto Wulff: Ehrlich gesagt: Ich wundere mich über diese Frage. Wenn sich jemand für ein Amt bewirbt, dann kommt es darauf an, ob er es kann und ob er es sich zutraut. Das Alter an sich ist dafür kein Maßstab. Ich fühle mich nach wie vor fit für diese Aufgabe. Hier geht es doch nicht um einen Kampf zwischen Alt und Jung, sondern um einen fairen Wettbewerb.

Die entscheidende Frage muss immer lauten: Wer kann es besser? Und darüber entscheidet am Ende immer noch eine Wahl.

Wenn wir also schreiben: „Otto Wulff (88)“, dann finden Sie das nicht in Ordnung?

Was soll die Altersangabe? Ich finde sie diskriminierend, weil sie zwischen den Zeilen impliziert, dass ältere Menschen bestimmte Dinge nicht mehr schaffen oder schaffen können. Große Teile der Gesellschaft denken leider so. Doch das ist ein nicht gerechtfertigtes Vorurteil. Auch in diesem Punkt hat sich die Welt geändert, nicht nur, weil für einen 20-Jährigen bereits die 40-Jährigen zur alten Garde gehören.

Wie meinen Sie das?

Die Zahl der Älteren nimmt zu, und wir müssen schon deshalb eine größere Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen, weil wir gebraucht werden. Alle werden wegen des demografischen Wandels länger arbeiten müssen, auch um das Niveau unseres Sozialsystems zu halten. Wir sollten uns im Alter bewusst mehr als Aktive und weniger als Betreute betrachten. Denn wir sind ein positiv und notwendig agierender Teil der Gemeinschaft, übernehmen in Zukunft also auch mehr Aufgaben. Joe Biden ist 78 und macht als US-Präsident einen sehr guten Job und gleichzeitig einen der härtesten und verantwortungsvollsten der Welt. Warum auch nicht? Die Älteren sind heute als ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft zur Mitwirkung aufgerufen. Das müssen wir selbstbewusster herausstellen. In diesem Punkt sehe ich mich auch als Bundesvorsitzender der Senioren-Union besonders in der Pflicht. Ich möchte gern mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass die großen Leistungen der Älteren für die Gesellschaft und den Zusammenhalt der Generationen anerkannt und als unverzichtbar gewürdigt werden.

Sie sind das älteste Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Dort sitzen auch Politiker, die noch nicht einmal halb so alt sind wie Sie. Fühlen Sie sich immer ernstgenommen?

Aber ja, sonst würde ich dort als ein vom Bundesparteitag der CDU frei gewähltes Mitglied nicht mehr sitzen. Konrad Adenauer – wir haben am gleichen Tag Geburtstag – war in meinem Alter übrigens noch Bundeskanzler. Ich habe keinen Grund, mich zu verstecken.


(Das Interview von Martin Korte mit Prof. Wulff erschien in der Westfalenpost, Westfälische Rundschau, Iserlohner Kreisanzeiger)