Die Pflegesituation in Deutschland ist zwar angespannt, aber nicht so „katastrophal“ wie Medien durch Berichte über einzelne unakzeptable Vorkommnisse in Pflegeheimen aufbauschen.
Die von der CDU/CSU- und FDP-Koalition Anfang der 90er Jahre beschlossene Pflegeversicherung ist ein großer Segen für alle die Pflegefall werden. Dabei hat die derzeitige ältere Generation in der Relation wenig in diese Versicherung eingezahlt, hat aber Ansprüche zwischen 450 € und 1.550 € (bei Schwerstfällen Pflege 1.918 €) monatlich. Das sind bei 5 Jahren Inanspruchnahme Summen zwischen 27.000 € und 115.000 €.
Die Statistiken schwanken. Bei ca. 2,4 Mio. Pflegebedürftigen sind rund 700.000 in Pflegeheimen untergebracht, 1,6 Mio. werden in der Familie oder von Nachbarn mit oder ohne ambulante Hilfe gepflegt. Von den Heimbewohnern sollen ca. 400.000 zusätzlich zu Eigenmitteln und Pflegeversicherungszahlungen Sozialleistungen erhalten, um das Heimentgelt aufzubringen. Damit ist aber jeder pflegebedürftige Deutsche finanziell so abgesichert, um in einer stationären Pflegeeinrichtung aufgenommen zu werden.
Zur Würde des Menschen gehört auch der Anspruch auf ein Einzelzimmer, weil nur so Intim- und Privatsphäre gewahrt werden.
Viele 100.000 Pflegekräfte bemühen sich Tag und Nacht, um den Pflegebedürftigen einen erträglichen und würdigen Lebensabend zu ermöglichen. Dass es darunter einige schwarze Schafe gibt, die mit erschreckender Rohheit mit Pflegebedürftigen umgehen oder Heimleitungen leichtfertig dulden, dass Patienten „gefesselt“ werden, ist nicht zu dulden und muss mit allen Mitteln bekämpft werden. Pflegebedürftige psychisch oder physische zu misshandeln ist eine Straftat, fesseln ist (ohne richterliche Genehmigung, die auch oft zu schnell gegeben wird) Freiheitsberaubung.
Die Kontrollen des Medizinischen Dienstes werden aufgrund von Fragebögen oft bürokratisch und steril durchgeführt. Wer am besten „dokumentiert“ erhält die höchsten Noten. Die Qualität von Zuneigung und Liebe bei der Pflege sowie die persönliche Zuwendung ist letztlich nicht beurteilbar. Die Dokumentierpflicht (manchmal Dokumentiersucht) verschlingt 20 % bis 30 % der Arbeitszeit und geht für Zuwendung und Pflege verloren.
Der Pflegekräftemangel kann nur durch ein geändertes Gehaltssystem beendet werden. Die Differenz zwischen jungen, ausgebildeten Pflegekräften und älteren Pflegekräften ist zu hoch, weil je nach Alter oder Dienstzeit bezahlt wird. Krankenschwestern und Altenpflegekräfte üben eine verantwortungsvolle Tätigkeit aus, die viele Wochenenddienste, meist auch Abend- oder Nachtdienste beinhaltet. Mit angemessenen Gehalt und einer gehobenen Anerkennung durch die Bevölkerung wird diese Tätigkeit auch für junge Bewerber attraktiv. Dies ist Voraussetzung, den Pflegkräftenotstand zu beseitigen und Auswüchse zu verhindern. Damit können wir unser gutes deutsches System, das wir nicht „herunternörgeln“ sollten, zu einem sehr guten und damit Vorbildsystem in Europa und der Welt machen.
(Wir sollten auch nicht den Fehler machen, Kosten von Pflegeheimen im Ausland zum Vergleich heranzuziehen, wo z.B. in Thailand eine Pflegekraft 200 € im Monat bekommt oder in Osteuropa 400 € bis 500 € im Monat. Wir sollten stolz sein, dass wir in Deutschland ein besseres Einkommensniveau haben und unsere Pflegekräfte durchschnittlich ein ordentliches Gehalt - System verbesserbar - erhalten.)